Pilates als Begriff ist jedem schon einmal untergekommen, ob als Trainingsmethode auf dem Cover einer Fitness- Zeitschrift oder im Studio als Kursangebot. Doch wenn man es nicht wirklich einmal selbst ausprobiert hat, kann man sich darunter eigentlich wenig vorstellen.
Dabei hat die Pilates- Methode lange Tradition, wurde sie doch bereits Anfang des 20. Jahrhunderts von J. H. Pilates entwickelt.
Es ist ein systematisches Ganzkörpertraining, welches primär die Beckenboden- Bauch- und Rückenmuskulatur kräftigt. Wer jetzt an „Schwangerschaftsgymnastik“ denkt und weiterklicken will, sollte vorsichtig sein, ihm könnte etwas entgehen. Denn auch zum Ziel des Muskelaufbaus und eines definierten Körpers kann Pilates einiges beitragen.
Die Geschichte des Pilates
Namensgeber und gleichzeitiger Erfinder der Methode war der Mönchengladbacher Joseph Pilates, der 1913 nach England emigrierte, wo er während des 1. Weltkrieges aufgrund seiner deutschen Herkunft interniert wurde. Während dieser Zeit entwickelte er das Konzept eines ganzheitlichen Körpertrainings, primär für die mit ihm internierten Soldaten.
Damit stellt Pilates quasi eines der ersten „Knast“- Workout-Konzepte dar, lange vor Coaches, wie Paul Wade oder Danny Kavadlo.
Als er 1926 nach New York auswanderte, eröffnete er dort ein Trainingsstudio im Gebäude des New York City Ballets. Da in den 1960-er Jahren daher vor allem viele Tänzerinnen zu seinen Kunden zählten, bekam die Methode eine „femininere Wahrnehmung“, ursprünglich jedoch wurde sie für Männer entwickelt. (Dies als Botschaft an alle Kerle, die Angst haben, in Leggings trainieren zu müssen. Pilates ist von seiner Herkunft her echte „Military Fitness“)
Zum großen Fitness- und Wellness- Trend wurde Pilates schlussendlich in den 1990er- Jahren.
Dies erlebte Joseph. H. Pilates allerdings nicht mehr persönlich. Er starb 1967 im Alter von 84 Jahren, Schüler von ihm entwickelten die Methode weiter und verbesserten sie zusätzlich.
Zur Pilates-Methode
Pilates ist ein einheitliches Ganzkörpertraining, durch welches sogar tief liegende, eher selten beanspruchte und dadurch meist schwächere Muskelgruppen beansprucht und trainiert werden. Dadurch hat es auch einen definierenden Effekt und hebt einzelne, definierte Muskelpartien hervor.
Es stärkt die Muskulatur und verbessert zugleich Kondition, sowie Bewegungskoordination. Außerdem wirkt es kreislaufanregend und führt zu einer erhöhten Körperwahrnehmung, welche es prädestiniert als Unterstützungstraining für die meisten Sportarten macht.
Ein Training umfasst Kraftübungen, Stretching, aber auch bewusste Atmung, hat also auch einen regenerierenden Aspekt und fördert im Anschluss an Beanspruchung die muskuläre Entspannungsfähigkeit. Dadurch wird eine schnelle Regeneration gewährleistet.
Pilates ist um die Muskulatur der Körpermitte herum aufgebaut, ausgehend von einem ´Core´-Training wird der gesamte Körper trainiert.
Da die Bewegungen im Pilates langsam und fließend sind, ist es außerdem sehr gelenkschonend.
Um Fehler zu Beginn zu vermeiden, ist es zu empfehlen, dass Anfänger mit einer Einzelstunde bei ausgebildeten Trainern starten und danach zu den speziell entwickelten Pilates- Geräten wechseln, welche die exakte Ausführung der Bewegung unterstützen. Ein Mattentraining, welches weit verbreitet ist, ist nur Fortgeschrittenen zu empfehlen.
Außerdem ist Pilates mit über 500 verschiedenen Übungen, welche ebenfalls weiter variiert werden können, extrem abwechslungsreich und bietet immer wieder neue Trainingsreize.
Prinzipien des Pilates
Pilates basiert auf sechs Prinzipien.
Diese sind:
- concentration-Konzentration
- centering-Zentrierung
- control-Kontrolle
- breathing-Atmung
- precision-Präzision
- flowing movement-Bewegungsfluss
Kontrolle
Durch eine kontrollierte, bewusste Ausführung aller Bewegungen während einer Übung wird der Trainingseffekt erhöht. Gleichzeitig stärkt dies die Tiefenmuskulatur.
Konzentration
Durch Konzentration sollen Körper und Geist in Harmonie gebracht und ein bewusst gesteuertes Körpererleben erreicht werden.
Atmung
Über eine bewusste Atmung wird Verspannungen entgegengewirkt und die Körperkontrolle erhöht.
Zentrierung
Die Zentrierung bezieht sich auf die Stärkung der Körpermitte, das sog. ´powerhouse´. Dieser Bereich geht von Brustkorb bis Becken und enthält alle wichtigen Organe. Über eine Stärkung der Powerhouse- Muskulatur wird der Rücken gekräftigt und damit verbundenen Schmerzen entgegengewirkt werden.
Entspannung
Mithilfe von bewusster Entspannung werden im Pilates Verspannungen gelöst. Auf diese Weise wird auch die muskuläre Regenerationsfähigkeit verbessert. Entspannung im Pilates ist jedoch nicht das Gegenteil von Anspannung. Diese „Pilates- Entspannung“ findet hauptsächlich in Form von Übungen statt und hat damit einen gleichzeitig kräftigenden Effekt.
Fließende Bewegung
Im Pilates existieren keine isolierten oder abrupten Bewegungen. Alles wird fließend ohne längere Unterbrechung ausgeführt.
Power Engine/ Powerhouse
Dieser Begriff stammt von Moshé Feldenkrais, der dem ein oder anderen sicher auch ein Begriff ist. Die Power Engine bezeichnet das muskuläre Netzwerk, welches die grundsätzliche Stabilität in der Lenden- und Beckenmuskulatur bereitstellt. Dadurch unterstützt sie auch eine generelle aufrechte Körperhaltung.
Posterior laterale Atmung
Diese Atemtechnik erleichtert eine effizientere Weitung des Brustkorbs und der Rippen und ermöglicht so eine verbesserte Sauerstoffaufnahme.
Dabei werden zuerst die Rippen geweitet und in Folge wieder losgelassen, allerdings ohne Zuhilfenahme der Atmung. Ein- und Ausatmen erfolgt im Anschluss instinktiv.
Das kannst du einmal mit dieser Technik ausprobieren:
- Platziere deine Hände auf den unteren Rippen, sodass der Daumen auf den hinteren Rippen liegt.
- Entspanne den oberen Bauchbereich und versuche deine Rippen gegen sanften Druck der Hände, seitlich zu erweitern.
- Lass die Rippen wieder los, indem du den Bereich um deine Schlüsselbeine quasi „schmelzen“ lässt.
Gleiches kannst du auch mit einem Handtuch um den unteren Brustkorb machen.
Nach erfolgreicher Durchführung der Übung wiederhole diese noch einmal. Konzentriere dich dabei bewusst auf das Ein- und Ausatmen. Beim Einatmen erweitern sich deine Rippen sowohl nach vorne, hinten und zur Seite, was hauptsächlich durch eine Aktivität im Rückenbereich spürbar wird. Durch ein graduelles Ausatmen wird die Aktivierung der Power Engine erreicht
Es wird nicht gelingen, die Rippen effektiv zu dehnen, wenn die Bauchmuskulatur dabei verkrampft und gespannt ist bzw. wenn du die Rippen bereits vor der Dehnung wieder loslässt. Sollte dies der Fall sein, achte während der Übungsausführung speziell auf diese Punkte.
Mit Pilates zu einem definierten Body | Anwendung
Wie bereits erwähnt sind die Anwendungsbereiche von Pilates sehr vielseitig.
Entstehen durch falsches oder einseitiges Krafttraining Dysbalancen der Muskulatur kann dies zu Verspannungen, Schmerzen und Bewegungseinschränkung führen. Mithilfe von Pilates lassen sich diese wieder ausgleichen. Durch eine gezielte Bewegungsschulung im Rahmen des Trainings und dadurch eine verbesserte Körperwahrnehmung und besseres Körperbewusstsein lassen sich Fehlbewegungen in Zukunft auch besser vermeiden.
Ebenso wirkt Pilates mit seinem ganzheitlichen Ansatz Fehlhaltungen entgegen, bewirkt eine verbesserte Körperspannung und aufrechte Haltung, wodurch auch das Gesamterscheinungsbild verbessert wird.
Mit seinen hohen koordinativen Anforderungen an eine präzise Bewegungsausführung bewirkt Pilates eine verbesserte Verflechtung der neuronalen Netzwerke im Gehirn, die für die Bewegungssteuerung zuständig sind. Hierdurch ergibt sich ein gesteigertes koordinatives Potenzial, welches in Folge in anderen Sportarten über Effektivierung, Präzisierung und Ökonomisierung sportartspezifischer Bewegungen eine Leistungssteigerung bewirken kann.
Bei Pilates werden, anders als beim Training mit großen Gewichten, nicht nur die große Hauptmuskulatur, sondern immer auch die kleinsten Untergruppen und die Tiefenmuskulatur mit beansprucht und trainiert. Dies führt nicht nur zu einer Verbesserung der optischen Definiertheit der Physis, sondern bewirkt ebenso eine Straffung und Festigung der gesamten Muskulatur.
Mit Pilates zu einem definierten Body
Ein Ganzkörper- Pilates-Training für Definition und Körperstraffung könnte wie folgt aussehen:
Warm-Up
Als Warm-Up empfiehlt sich eine 10-15 minütige Kardio- Einheit, z.b. Lauf-ABC, Jumping-Jacks etc. oder HIIT- Sätze.
#1 Rolling down
- Stell dich aufrecht hin, die Beine hüftbreit auseinander, die Knie sind leicht gebeugt. Jetzt atme tief ein.
- Beim Ausatmen aktivierst du, wie oben beschrieben, dein Powerhouse und rollst die Wirbelsäule langsam nach unten. Den Rücken dabei ganz rund machen!
- In der vorgebeugten Position atmest du tief ein.
- Aktiviere beim Ausatmen das Powerhouse, und rolle Wirbel für Wirbel wieder zurück in den aufrechten Stand.
Wiederholungszahl: 8 bis 15
Sätze: 3
Für: Verbesserte Körperwahrnehmung, Mobilisierung der Wirbelsäule
#2 Spine twist
Für diese Übung benötigst du einen Medizinball. Halte diesen mit beiden Händen vor der Brust.
- Atme im aufrechten Sitz mit angewinkelten Beinen tief in den Brustkorb und ziehe dabei den Ball auseinander. Die Schultern tief halten und die Ellbogen nach außen stellen.
- Beim Ausatmen rotierst du deinen Oberkörper zur linken Seite und drückst dabei den Ball zusammen.
- Beim Einatmen kommst du zur Mitte zurück, beim Ausatmen drehst du dich zur rechten Seite.
Wiederholungszahl: 8 bis 10 Mal pro Seite
Sätze: 3
Für: Beweglichkeit der Wirbelsäule, Stärkung der Atemmuskulatur, Stärkung der seitlichen Bauchmuskulatur
#3 Fold
- Lege dich auf den Rücken und strecke Arme und Beine aus.
- Hebe deine Beine leicht an und strecke die Zehenspitzen.
- Atme aus und hebe die Beine etwa in einem 50 Grad Winkel an. Richte gleichzeitig deinen Oberkörper auf - der Winkel zwischen Oberkörper und Boden sollte ebenfalls 50 Grad betragen.
- Strecke anschließend die Arme nach vorne, so dass diese parallel zu den Beinen gehalten werden.
- Halte diese Position kurz.
- Anschließend strecke die Arme wieder über den Kopf und lege den Oberkörper und die Beine langsam wieder ab.
Wiederholungszahl: 10- 15
Sätze: 5
Für: Bauchmuskulatur, Körperspannung, Gleichgewicht
#4 Herkules
- Lege dich auf den Rücken und stelle die Füße parallel in hüftbreitem Abstand auf. Achte darauf, dass das Becken neutral bleibt und sich kein Hohlkreuz bildet. Bei Bedarf kann ein kleines Kissen unter den Kopf gelegt werden.
- Nun strecke die Arme zur Decke.
- Anschließend senke sie wieder soweit ab, bis sie parallel neben deinem Körper auf Hüfthöhe in waagerechter Position sind.
- Dann rolle den Kopf hoch, die Schultern bleiben jedoch am Boden.
- Bewege nun den Kopf in kleinen Bewegungen in waagerechter Richtung leicht vor und zurück. Bewege dich dazu auf drei Schläge, zuerst beim Einatmen, dann beim Ausatmen.
Wiederholungszahl: 20
Sätze: 5
Für: Bauchmuskulatur, Ausdauer
#5 Two- Point
Ausgangsposition ist der Vierfüßlerstand. Halten den Rücken gerade und das Becken neutral, so dass der Kopf mit dem Rücken und dem Becken eine gerade Linie ergibt.
- Strecke den rechten Arm und das linke Bein aus und hebe sie soweit an, bis sie, ebenfalls in waagerechter Position, eine Verlängerung ihres Körpers bilden.
- Achte dabei auf deine Atmung, den leicht eingezogenen Bauchnabel und besonders auf den geraden Rücken.
- Dann Arm und Bein wieder langsam absetzen und die Übung auf der anderen Seite wiederholen.
Wiederholungszahl: 8- 15 Mal pro Seite
Sätze: 5
Für: Bauch-, Bein-, Gesäß-, Rücken-, und Armmuskulatur, Entspannung der Nackenmuskulatur,Balance
#6 Swimming
- Atme in Bauchlage am Boden tief ein.
- Aktiviere beim Ausatmen das Powerhouse und hebe gleichzeitig Oberkörper, Kopf und Arme an. Die Stirn zeigt zu Boden.
- Bewege die Arme pro Atemzug wie eine Schere 5 Mal auf und ab.
- Halte dabei den Rücken ruhig und atme gleichmäßig weiter.
Wiederholungszahl: 5- 10 Atemzyklen
Sätze: 4
Für: Rückenmuskulatur, Dehnung der Bauchmuskulatur, Atmung
#7 Long Stretch- Serie
- Beginne mit dem Long Stretch der langen Stützposition. Er entspricht der Ausgangsposition beim Liegestütz. Die Hände sind unter den Schultern, die Fersen über den Fußspitzen. Drehe die Ellenbogeninnenseiten zueinander. Einatmen.
- Von hier geht es weiter in die tiefe Liegestütz-Position. Beuge hierfür deine Ellbogen und halte sie dicht an der Taille. DerKörper bildet eine lange Linie vom Scheitel bis zur Ferse. Ausatmen.
- Für den Down Stretch die Knie absetzen, der Fußspann liegt jetzt auf dem Boden.
- Ziehe dich mit dem Oberkörper am Boden entlang durch die Arme nach vorne.
- Oberkörper aufrichten. Die Arme sind jetzt gestreckt. Der Blick ist nach vorn gerichtet, der Bauchnabel zieht nach innen und oben, und das Gesäß ist leicht angespannt. Einatmen.
- Bringe dein Kinn in Richtung Brustbein und stelle die Zehen auf.
- Hebe das Gesäß an, und strecke dich in ein umgekehrtes V für den Up Stretch.
- Dabei bringst du die Fersen auf die Matte, das Powerhouse bleibt angespannt. Die Schulterblätter ziehen zum Gesäß. Ausatmen.
- Beginne die die nächste Runde wieder mit dem Long Stretch.
Wiederholungszahl: 8- 15 Durchgänge
Sätze: 4
Für: Kräftigung der gesamten Körpermuskulatur
#8 Teaser Prep
- Lege dich auf den Rücken und stelle die Beine auf. Die Knie sind geschlossen, und die Arme liegen neben demKörper
- Strecke ein Bein nach vorn oben aus. Die Knie bleiben auf einer Höhe.
- Hebe deinen Kopf und die Arme von der Matte.
- Rolle dich Wirbel für Wirbel auf in den Sitz.
- Ziehe dich mit den Fingerspitzen zu den Knien, zum Schienbein und dann in Richtung großen Zeh.
- Hebe das Brustbein, die Arme sind nun parallel zu dem ausgestreckten Bein.
- Danach rollst du dich kontrolliert Wirbel für Wirbel zurück auf die Matte.
Wiederholungszahl: 8-15 Mal, dann Beinwechsel
Sätze: 4
Für: Bauchmuskulatur, Beweglichkeit der Wirbelsäule
Cool Down / Stretching
Im Anschluss an das Workout empfiehlt sich ein kurzes Dehn-, Flexibilitäts-bzw. Foam Roll-Training für eine gute Regeneration sowie eine kurze Entspannungs- und Meditations-Session.
Wiederhole das Workout 2- 4 Mal pro Woche.