Alkohol & Muskelaufbau | Wie schädlich sind Bier & Co. wirklich?
Alkohol & Muskelaufbau | Wie schädlich sind Bier & Co. wirklich?
Wer kennt es nicht: Du bist auf einer Geburtstagsfeier und dir wird ein kühler, leckerer Cocktail angeboten. „Na ein Glas wird schon nicht schaden“, denkst du dir. Und Schwups, ist da doch das kleine Fünkchen schlechten Gewissens in deinem Hinterkopf, da du gehört hast, dass Alkohol den Muskelaufbauerfolg schmälert.
- Wie funktioniert unser Energiestoffwechsel?
- Doch welche Rolle spielt ATP im Stoffwechsel?
- Das kann doch nicht alles gewesen sein?
- Die Wirkung von Alkohol auf den menschlichen Körper
- Weitere Nachteile des Alkoholkonsums
- Alkohol & Muskelaufbau | Fazit
Wie funktioniert unser Energiestoffwechsel?
Um zu verstehen wie Alkohol auf den menschlichen Körper wirkt, ist es sinnvoll den groben Stoffwechselweg im Körper zu kennen. Hier ein Überblick über die wichtigsten Vorgänge:
Für die lebenswichtige Energiegewinnung nutzt unser Körper vorrangig die Glucose, also C6H12O6. Diese findet sich in jeglichen Kohlenhydraten unserer Nahrung wieder, kann aber auch vom Körper selbst durch den Umbau von Eiweißen zur Verfügung gestellt werden. Ziel der Verarbeitung von Glucose ist es, ATP zu gewinnen.
ATP (Adenosintriphosphat) ist eine Form von Energie, die von unserem Körper genutzt werden kann. Sie ist an allen Vorgängen im Körper beteiligt, sei es die Muskelkontraktion oder eine einfache Überlegung. Deswegen wird ATP auch „die Energiewährung der Zelle“ genannt.
Nun kannst du dir ATP nicht als eine Substanz vorstellen, die verbraucht und anschließend an anderer Stelle wieder neu aufgebaut wird. Unser Körper verfügt insgesamt über nur ca. 80g ATP, welches bis zu 1000- Mal an einem Tag ab- und wieder aufgebaut wird. Für die Energiebereitstellung wird ATP zu ADP reduziert, es wird also eine Phosphatgruppe durch das Enzym ATPase abgespalten. Dieser Prozess ist katalytisch.
ADP kann durch Hinzufügen einer Phosphatgruppe wieder zu ATP aufgebaut werden. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die Bereitstellung eines Phosphates aus dem Muskelspeicherstoff Kreatinphosphat. Auch Kreatin ist im Körper nur begrenzt vorhanden.
Wir halten also fest: ATP wird für alle Vorgänge im Körper, wie Wärmeproduktion, Bewegung, aktiven Stofftransport, Stoffsynthese und für elektrische Energie benötigt. Es ist begrenzt vorhanden und muss vom Körper immer wieder regeneriert werden.
Doch welche Rolle spielt ATP im Stoffwechsel?
Um die Bedeutung des ATP´s verstehen zu können, erkläre ich dir kurz wie Glucose verstoffwechselt wird: Der Abbau der Glucose beginnt im Zellplasma einer Zelle. Um Diese verarbeiten zu können, muss das Glucose-Molekül zunächst durch das Hinzufügen einer Phosphatgruppe aktiviert werden. Hierzu wird ATP zu ADP reduziert. Es liegt nun Glucose-6-Phosphat vor. Das Molekül besitzt eine negative Ladung und kann somit nicht mehr durch die Zellmembranen transportiert werden. Es muss also abgebaut werden.
Das Glucose-6-Phosphat wird nun zu Fructose-6-Phosphat umgelagert und wird erneut durch die Umwandlung eines ATP zu ADP aktiviert. Nun liegt Fructose-1,6-bisphosphat vor. Es wird in Phosphorglycerinaldehyd gespalten (also zwei C3-Körper).
Von PGA werden nun zwei Wasserstoffatome auf das Co-Enzym NAD+ übertragen. NAD+ wird zu NADH+H+ (dies ist ein Redoxsystem für den Elektronentransport). Durch diese Elektronenübertragung wird so viel Energie freigesetzt, dass ein ADP wieder zu ATP umgewandelt werden kann. Das gewonnene ATP kann nun für Lebensvorgänge genutzt werden, da es im Kreislauf nicht als Katalysator gebraucht wird.
Aus der entstandenen Phosphorglycerinsäure entsteht nun PEP (Phosphoenolbrenztraubensäure). Unter Abspaltung eines Phosphates wird daraus Brenztraubensäure (Pyrovat). Das abgespaltene Phosphat wird nun von dem zur Aktivierung des Glucose- und Fructose-Moleküls reduzierten ATP (in diesem Moment also ADP) aufgenommen und der Prozess der Glucoseumwandlung kann erneut ablaufen. Dieser Prozess wird auch als Glykolyse bezeichnet.
Die Brenztraubensäure wird anschließend in den Mitochondrien (ein Zellorganell) weiterverarbeitet. Es wird an einen Multienzymkomplex angelagert, wo die Abspaltung eines CO2 (Decarboxylierung) und die anschließende Oxidierung der BTS durch die Übertragung von H+ auf NAD+, erfolgen. Wir haben nun noch einen C2-Körper vorliegen, der mit einem Enzym (Enzym A) zu Acetyl- CoA (Coenzym) verknüpft wird. Das Acetyl-CoA gelangt nun in den Citratzyklus.
Der Citratzyklus ist, wie der Name schon sagt, ein geschlossener Zyklus, welcher zur endgültigen Verstoffwechselung der Glucose (hier nur noch zwei C2 Körper) benötigt wird. Hierzu wird das Acetyl-CoA an eine Kohlenstoffverbindung, nämlich Oxalessigsäure (C4H4O5), gebunden. Es liegt also erneut ein C6 Körper vor.
Aus diesem C6 Körper, der Citronensäure, entsteht unter zweimaliger Abspaltung von Co2 und anschließender Oxidation (dabei reagiert NAD+ erneut zu NADH+H+) Bernsteinsäure CoA (ein C4 Körper). Anschließend wird ein ATP durch die Abspaltung der Coenzyms A gewonnen und der C4 Körper nochmal oxidiert (hier entstehen als Nebenprodukt sowohl NADH+H+, als auch FADH2 (ebenfalls ein Eletronentransportsystem)). Es liegt nun erneut Oxalessigsäure vor, welches erneut mit einem C2 Körper reagieren kann. Die Glucose wurde bei diesem Vorgang durch mehrere CO2- Abspaltungen vollständig abgebaut.
Am Ende des Citratzyklus´ wurden also gerade einmal vier ATP und zehn NADH+H+, sowie zwei FADH2 durch den Abbau eines einzigen Moleküls Glucose gewonnen.
Das kann doch nicht alles gewesen sein?
Richtig, der Körper kann nämlich auch noch Energie aus den Elektronentransportstoffen NADH+H+ und FADH2 gewinnen. Diese Transportstoffe geben in folgender Reaktion ihre zuvor dazugewonnen Wasserstoffteilchen wieder ab, welche anschließend in einer exergonischen Reaktion mit Sauerstoff zu Wasser reagieren. Dabei entsteht ATP!
Zunächst einmal ist es wichtig zu erwähnen, dass durch die Abgabe der Protonen von NADH+H+ und FADH2 die beiden Elektronentransportstoffe wieder zu NAD+ und FAD regeneriert werden. Wäre dies nicht der Fall, so könnte der Glukoseabbau irgendwann nicht mehr stattfinden, da alle NAD+ und FAD verbraucht wurden und keine Elektronenübertragung mehr möglich wäre.
Der Gewinnungsprozess von ATP erfolgt nun, wie unten auf dem Bild ersichtlich, an der Innenmembran des Mitochondriums. In dieser Membran finden sich verschiedene Redox-Cosubstrate, welche die Elektronen der Wasserstoffteilchen nacheinander aufnehmen. Die Aufnahme und Weitergabe der Elektronen ist dabei nur mit einer gleichzeitigen Aufnahme von H+- Ionen aus dem Matrixinnenraum möglich. Werden die Elektronen von einem Redoxsystem zum nächsten gereicht, so werden die aufgenommenen H+-Ionen in den Intermembranraum abgegeben.
Es entsteht also ein energiereicher Protonengradient (außen positiv, innen negativ), bei dessen Ausgleich -wie bei einem Stausee- Energie entsteht. Die Turbine ist in unserem Falle dann die ATP-Synthase, welche die H+-Ionen durchströmen und dadurch ein Zusammensetzen von ADP und Phosphat ermöglichen. Pro Glucose Molekül können hier 34 ATP entstehen.
Die Wirkung von Alkohol auf den menschlichen Körper
Alles klar soweit? Dann können wir nun mit der Aufklärung des Mythos´ starten!
Allgemein lässt sich zuallererst sagen: Alkohol ist Gift für unseren Körper, egal in welcher Menge. Der Trinkalkohol Ethanol (C2H5OH) wird in unserem Körper hauptsächlich durch die Leber abgebaut. So atmest du beispielsweise nur fünf Prozent der getrunkenen Alkoholmenge wieder aus (die weitverbreitete „Fahne“). Das heißt also, dass etwa 95% in der Leber abgebaut werden. Das funktioniert folgendermaßen:
Grob zusammengefasst wird der Alkohol in drei Schritten in unserer Leber abgebaut:
Das Enzym ADH (Alkoholdehydrogenase C2H4O) wandelt Ethanol in Acetalaldehyd um. Acetaldehyd ist ein Giftstoff in unserem Körper, welches Kopfschmerzen und Leberschädigungen hervorrufen kann. - Das Acetalaldehyd- welches für unseren Körper noch giftiger ist als Ethanol- wird mit Hilfe des Enzyms AIDH (Acetaldehydehydrogenase) in Essigsäure umgewandelt.
- Da die Essigsäure eine in dem Citratzyklus vorkommende Substanz ist, wird sie nun einfach in diesen eingespeist und zu Wasser und Kohlenstoffdioxid verarbeitet.
Jetzt kommt der Haken an der Sache: Das ADH und das AIDH, welche zuvor das Zellgift Ethanol zur ungefährlichen Essigsäure umgewandelt haben benötigen zur Umwandlung des Alkohols das Co-Enzym NAD+. Ohne es ist keine Stoffumwandlung möglich.
Wenn das NAD+ nun für den Abbau des Alkohols benötigt wird (Alkohol wird immer primär vor allen anderen Stoffen abgebaut), wird folglich die ATP-Produktion in den Mitochondrien runter gefahren. Die Folge finden wir tatsächlich in einem verringerten Muskelaufbau, da die für den Muskelaufbau wichtige ATP-Synthase sowie andere Stoffwechselprozesse heruntergefahren werden.
Weitere Nachteile des Alkoholkonsums
Des Weiteren lassen sich noch weitere Nachteile des Alkoholkonsums finden durch die der Muskelaufbau abgeschwächt wird:
Jeder Kraftsportler weiß, wie wichtig die Regenrationsphase des Körpers für den Muskelaufbau ist. Nimmst du nun Alkohol zu dir, so bleibt die wichtigste Erholungsphase- die Tiefschlaf bzw. REM- Phase- aus. Du hast vielleicht das Gefühl, dass du unter Alkoholeinfluss viel fester schläfst als sonst, dem ist aber leider nicht so. [2] Das merkst du dann am Morgen danach, wenn du dich gerädert und schlapp fühlst.
Ein weiterer wichtiger Punkt findet sich in Senkung des Testosteronspiegels bei Alkoholgenuss. [1] Da der Muskelaufbau hauptsächlich durch das Wachstumshormon Testosteron katalysiert wird, solltest du vor allem direkt nach dem Training auf Alkohol verzichten, sonst ist der angestrebte „Anabole Effekt“ beeinträchtigt.
Betrachten wir einmal die eigentliche Funktion der Leber. Per Definition lautet diese: Die Leber sondert Verdauungsflüssigkeit ab (Galle), produziert Proteine und speichert Glykogen, Eisen und einige Vitamine. Des Weiteren wandelt sie Toxine aus dem Blut in weniger schädliche Substanzen um. [3]
Leider ist die Leber, wie viele unserer Organe, nur darauf ausgelegt immer nur eine dieser Dinge zu verrichten. Das bedeutet: Baut die Leber Ethanol ab, dann fallen die Produktion von Proteinen und das Speichern von Glykogen weitestgehend aus. Die Post-Workout Mahlzeit, welches vorrangig dem Auffüllen der Glykogenspeicher in den Muskeln dient, hat daher nur noch wenig mit seinem eigentlichen Sinn gemeinsam.
Durch die fehlenden Verdauungssäfte kann die aufgenommene Nahrung nicht nur weniger gut verstoffwechselt, sondern auch gleichzeitig nicht gespeichert werden. Die Leber ist neben unseren Muskeln das zweitgrößte Speichermodul für Glykogen. Du kannst dir also denken, dass dein Körper in eine extreme Notsituation gerät, wenn es unter Alkoholeinfluss dann heißt, die Muskeln mit Glykogen zu versorgen.
Neben dem verlorenen Glykogen ist langfristig gesehen die ausbleibende Produktion von Proteinen viel gravierender. Es liegt auf der Hand, das ohne die Proteine aus der Leber kein Muskelaufbau möglich ist, da Muskeln lediglich aus 80% Wasser und 20% Protein bestehen.
Womit wir direkt bei einem weiteren Nachteil angelangt sind. Da Alkohol auch als Nervengift fungiert, kommt es beim Einstrom vom Ethanol in die Hypophyse (Hirnhangdrüse) zur verringerten Ausschüttung des Hormones Vasopressin [4]. Vasopressin ist ein Hormon, welches für die Begrenzung des Flüssigkeitsverlustes über die Nieren zuständig ist. Die Folge ist ein hoher Flüssigkeits- und Mineralienverlust. Dein Körper entwässert also. Deine Muskeln, die schließlich zu 80% aus Wasser bestehen, dienen hier als Wasserspender zur Entwässerung. Ein Muskelaufbau ist folglich also nicht möglich.
Ein letzter, nicht zu unterschätzender Nachteil, ist die Verlangsamung der Reaktionszeit. Alkohol verhindert die Entstehung von Aktionspotenzialen an den Nervenbahnen durch die ausbleibende Zunahme der Natriumpermeabilität der Membranen. [1] [5] Die Reizweiterleitung ist gestört, die Kommunikation zwischen Muskel und Gehirn ist verringert.
Stehst du also unter alkoholischem Einfluss, so ist es wenig sinnvoll ins Training zu gehen, da du nur eingeschränkt ein Gefühl für die richtige Muskelbelastung, die Trainingszeit die deine Muskeln brauchen und die Intensität deines Trainings hast.
Alkohol & Muskelaufbau | Fazit
Alkohol ist ein Gift für den Körper und kann dafür sorgen, dass deine Fortschritte im Muskelaufbau ausbleiben. Er beeinflusst sowohl die Hormonausschüttung als auch die Bereitstellungen von Glykogen und Proteinen nach dem Training negativ und reduziert die Erholungsphase des Körpers.
Du solltest also, sofern du ernsthaft daran interessiert bist Muskeln aufzubauen, soweit es geht auf regelmäßigen Alkoholkonsum verzichten. Vor allem direkt nach dem Training ist vom Alkoholverzehr abzuraten.