Langfristige Leistungssteigerung durch Stabilisations- und Koordinationsübungen
Langfristige Leistungssteigerung ist in diesem Fall gleichzusetzen mit Verletzungsprophylaxe. Warum dieser Artikel dann nicht „Verletzungsprophylaxe durch..“ heißt? Weil viele Sportler erst dann damit beginnen sich Gedanken um die Vorbeugung von Verletzungen und degenerativen Schäden machen, wenn es bereits zu spät ist.
War die langfristige Leistungssteigerung also nur ein reines Lockmittel? Nein, denn du kannst zum einen keine langfristige Leistungssteigerung erreichen, wenn deine Leistungsfähigkeit durch Verletzungen beeinträchtigt wird und du dein Trainingsvollumen und die Intensität minimieren musst. Zum anderen wirst du mehr und mehr erkennen, dass eine gute Stabilität dich bei deinem herkömmlichen Training stark unterstützt und Fortschritte generiert.
Warum Stabilisationsübungen vernachlässigt werden
Stabilisations-und Koordinationsübungen trainieren überwiegend die tiefer liegenden Muskeln und Bänder, die sehr gelenksnah in unserem Bewegungsapparat liegen. Da diese Muskeln tiefer liegen, man sie dadurch nicht sieht und Bänder sowieso vermeintlich keine Bedeutung für das Hypertrophietraining haben, trägt dieses Training also nicht unmittelbar zu einem athletisch geformten Körper bei.
Warum du Stabilisationsübungen trotzdem unbedingt integrieren solltest
Für dein Training sollten Stabilisations- und Koordinationsübungen trotzdem essentiell sein, da diese Muskelgruppen und Bänder allesamt sehr wichtige Funktionen haben. Im allgemeinen, wie der Name schon sagt, stabilisieren sie dich oder genauer gesagt deine Gelenke, bei allem, was du tust.
Das beste Beispiel ist die Rückenmuskulatur. Gerne trainiert werden hier die oberflächlich liegenden großen Muskeln, wie der Trapezius, die Rückenstrecker oder der Latissimus.
Diese kontrahieren sich, sobald du eine Übung, zum Beispiel einen Klimmzug oder Kreuzheben, ausführst. Ungefähr 3 Schichten an Rückenmuskulatur tiefer befinden wir uns an der Wirbelsäule. Hier liegen kleine Muskeln und Bänder an und in der Wirbelsäule verteilt, um und in den einzelnen Wirbeln „gespannt“ und verbinden die Wirbel miteinander.
Ihre Aufgaben bestehen zum Beispiel darin, die einzelnen Wirbel sowie die dazwischen liegenden Bandscheiben an ihrer korrekten Position zu halten.
Bleiben wir bei unserem Beispiel Kreuzheben, dabei (und auch generell bei jeglichen Bewegungen) spannen sich die Stabilisierenden Muskeln und Bänder an, BEVOR du anfängst zu heben und die Zielmuskulatur, in diesem Fall die Rückenstrecker, der Gesäßmuskel und die Oberschenkelmuskulatur angespannt werden. Zum einen Sorgen hier die kleinen, stabilisierenden Muskeln wie schon gesagt dafür, dass Alle Strukturen an ihrem Platz bleiben, zum anderen sorgen sie in diesem Fall auch dafür, dass die einzelnen Wirbel wie ein Zahnrad gut ineinander übergreifen und schützen gleichzeitig Wirbel und Bandscheiben vor zu großen Kompressionskräften.
Ein weiteres Beispiel ist der für Verletzungen berüchtigte Bandapparat im Knie. Hier garantieren die Kreuzbänder, das Außen- und das Innenband, welches mit dem Meniskus verwachsen ist, die Gleit und Bewegungsfähigkeit des Kniegelenks, beim Strecken und Beugen des Knies und Verhindern, dass Überstrecken und zur Seite wegknicken des Knies.
Da bei Sportarten wie Fußball, Handball, Volleyball und Kampfsportarten wie Jiu Jitsu, Karate etc. die Krafteinwirkungen durch häufige, schnelle Richtungswechsel, explosive Bewegungen, Sprünge und teilweise Kontaktsituationen mit Gegenspielern stark erhöht sind, sind die folgenden Übungen dort ohnehin ein Muss. Aber auch Kraftathleten können sich Vorteile aus diesen Übungen ziehen.
Sind die Bänder gut trainiert können sie Krafteinwirkungen, wie zum Beispiel bei Squats, (vor allem wenn sie bei den letzten Wiederholungen unsauber ausgeführten werden und ein Knie nach schlimmstenfalls innen wegknickt) oder gar bei einem Richtungswechsel beim Fußball oder Handball gut abfangen. Sind sie aber nur unzureichend trainiert, sind sie schlaff und werden schlagartig stark angespannt, wodurch die Gefahr von Rissen immens erhöht ist.
Warum sie beim herkömmlichen Training kaum trainiert werden
Die schützende Funktion übernehmen die Bänder und Muskeln aber nur reflektorisch, das heißt: man kann sie nicht gewollt an- oder entspannen wie zum Beispiel den Bizeps. Deswegen lässt sich die Kraft und Elastizität dieser stabilisierenden Muskeln und Bänder kaum mit dem herkömmlichen Krafttraining und noch weniger mit dem Training an Maschinen trainieren.
Deshalb sollten gerade Sportler die an Maschinen trainieren die nachfolgenden Übungen machen, damit sie, wenn sie später zu koordinativ anspruchsvolleren Übungen im Freihantelbereich umsteigen, die nötige Kraft und Stabilität in den kleinen Muskeln und Bändern haben, um sich vor Bänder und Muskelrissen sowie späterer Arthrose zu schützen. Arthrose bedeutet Gelenks(-knorpel)abnutzung und betrifft viel öfter als man denkt Sportler ab schon ab 25-30 Jahren die falsch oder zu einseitig trainiert haben (und nicht nur Vertreter der Ü-80 Generation).
Das Stabilisationstraining schützt auch vor diesem Prozess, da wie schon erwähnt durch gut ausgebildete Bänder alle Gelenkstrukturen an ihrer richtigen Position gehalten werden und sie so nahtlos ineinander über gleiten können. Warnhinweise, dass dieser Prozess gestört ist, sind zum Beispiel ein knirschendes Geräusch(knacken ist ok, solange es nicht weh tut) im Ellenbogen- oder Kniegelenk. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Verletzungen im Ellenbogen und Schultergelenk bei Kraftsportlern sehr häufig eher von muskulären Dysbalancen herrühren, meist zwischen Bizeps und Trizeps und dem vorderen und hinteren Schulteranteil. Dennoch sollte man auch hier die Bänder und kleinen stabilisierenden Muskeln trainieren. Dies geht am besten durch Sling Training.
Ansonsten sollte der Fokus vor allem auf die Muskeln und Bänder im Rücken an Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule, die nahe der Wirbelsäule liegende Bauchmuskulatur, die Bänder in Hüfte, Knie und Fußgelenken gelegt werden.
Da es eine Vielzahl an Übungen gibt, stelle ich dir hier meine Lieblingsübungen vor, die meiner Meinung nach auch mit die effektivsten sind.
Übungsbeispiele:
1. Die Plank (Unterarmstütz)
Die Plank trainiert vor allem die wirbelsäulennahe Bauch und Rückenmuskulatur und die dazugehörigen Bänder.
Die Planc sollte man generell so lange halten, bis die Muskulatur anfängt zu zittern, bzw. wenn sie anfängt zu zittern noch 10 bis 15 Sekunden halten. Anfänger können es beispielsweise mit 3 mal 15-45 Sekunden versuchen, fortgeschrittene Kraftsportler entsprechend länger.
2. Übungen auf dem Balance-Kissen/ Balance-Pad
Übungen auf dem Balance-Kissen/ Pad trainieren optimal die Bänder und stabilisierende Muskulatur in den Fußgelenken, den Knien, der Hüfte und auch im Rücken. Dafür gibt es verschiedene Übungen, aber generell ist der Fantasie keine Grenze gesetzt und es gilt die Faustregel: „Alles was nicht weh tut, ist förderlich!“ Hier sind je nach Trainingsstand 3-5 mal 12 bis 3-5 mal 20 Wiederholungen (pro Seite) empfehlenswert
3. Kniebeugen/ einbeinige Kniebeugen auf dem Balance-Kissen
Hier sind dieselben Aspekte wichtig, wie bei normalen Kniebeugen: -die Fußspitzen sollten leicht nach außen zeigen
- der Rücken sollte gerade gehalten werden
- die Knie nicht nach innen kippen lassen und sie sollten nicht über die Fußspitzen ragen
- (das selbe gilt auch für einbeinige Kniebeugen)
Mit einem Bein auf dem Balance-Kissen stehen und mit dem anderen Bein bzw. Fuß eine 8 in der Luft ziehen Das Standbein sollte hier leicht geknickt sein, beziehungsweise nie ganz durchgedrückt werden.
Letztere Übungen sind vor allem für Anfänger sehr anspruchsvoll. Oft reicht es die Übungen zu Beginn nur auf normalem Boden oder auf einem normalen Kissen durch zu führen.
Sollten die Übungen auf Balance-Kissen/ Pad zu einfach werden, kann die Schwierigkeit gesteigert werden, in dem man die Augen schließt.
4. Liegestützen auf dem Balance-Kissen/Pad
Hier kann man die Anzahl natürlich je nach Trainingsstand beliebig variieren. Es können entweder nur jeweils die beiden Hände auf einem Balance Kissen platziert werden, oder auch die Füße. Wichtig ist hierbei wie bei den normalen Liegestützen, dass der Rücken nicht durchhängt.
5. Seitstütz
Der Seitstütz trainiert die seitlich stabilisierenden Elemente nahe der Wirbelsäule, aber auch die der Hüfte. Sowohl Seitstütz als auch die Plank können von fortgeschrittenen ebenfalls mit den Unterarmen/ dem Unterarm auf dem Balance-Kissen durchgeführt werden. Dadurch muss insgesamt jedes Gelenk stärker stabilisiert werden und die Schultern werden auch noch mit einbezogen.