Impingement – Syndrom im Schulterbereich | Definition, Therapie und Übungen für die Praxis
Es handelt sich um ein Szenario, das vielen Kraftsportlern bekannt vorkommen wird: In der Schulter treten schleichend, aber fortschreitend Schmerzen auf, die zunächst nur als kleinere Beschwerde abgetan werden, in der Hoffnung, sich nicht allzu lange damit auseinandersetzen zu müssen.
Doch oftmals entwickelt sich aus den hin und wieder auftretenden Schmerzen ein dauerhaft anhaltendes Beschwerdebild, das die Betroffenen besorgt in ihren Körper hineinhorchen lässt. Und so finden sich insbesondere in den Praxen der Sportmediziner vermehrt Patienten ein, die über ähnliche Schmerzen im Bereich der Schulter klagen. Diagnostiziert wird in vielen Fällen das sogenannte „Impingement-Syndrom“.
Was sich genau hinter diesem Begriff verbirgt, wie sich die Symptome dieses Syndroms genau äußern, welche Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten es gibt und welche Übungen in der Verletzungszeit und auch darüber hinaus sinnvoll sind, all dies wird in diesem Artikel nun ausführlich thematisiert.
Definition
Das englische Wort „Impingement“ lässt sich mit den deutschen Begriffen „Zusammenstoß“ oder „Einklemmung“ übersetzen. Um zu verstehen, inwiefern es im Bereich der Schulter einen Zusammenstoß gibt und was genau dabei eigentlich eingeklemmt wird, folgt ein (wirklich) kurzer Exkurs in die Anatomie der Schulter.
Beim Schultergelenk handelt es sich um ein dreiachsiges Kugelgelenk. Am zum Rumpf gelegenen Ende des Oberarmknochens, dem Humeruskopf, befindet sich eine „[…] halbkugelförmige Auftreibung […]“[1], die gemeinsam mit der kleinen Pfanne des Schulterblattes das Schultergelenk bildet.[2] Das obere Ende des Schultergelenks bildet das sogenannte Acromion, das daher auch als Schulterdach bezeichnet wird.
Zwischen dem Humeruskopf und dem Acromion befindet sich der sogenannte subacromiale Raum. Durch diesen Raum verlaufen die Sehne des langen Bizepskopfes sowie die Supraspinatussehne. Zudem befindet sich auch der Schleimbeutel „bursa subacromalis“ in diesem Raum.
Ein Impingement-Syndrom liegt nun dann vor, wenn sich der Oberarmkopf in Richtung des Schulterdachs verschiebt und somit den subacromialen Raum verengt. Die Sehnen sowie der Schleimbeutel drohen durch die Verengung dieses Raumes eingeklemmt zu werden. Ist dies der Fall, kommt es schließlich zur Entzündung einer der betroffenen Sehnen oder des Schleimbeutels.
Aus diesem Grund wird das Impingement-Syndrom auch als „Einklemmungssyndrom“ bezeichnet und gilt gleichzeitig als Sammelbegriff für alle Einklemmungsbeschwerden zwischen Oberarmkopf und Schulterdach. Unterschieden wird dabei je nach Entzündungsherd unter anderem zwischen dem Supraspinatus-Syndrom, der Bursitis sowie der Reizung der Bizeps-Sehne. Allgemeine Ursachen sind berufliche und sportliche Überlastung, vor allem bei Überkopf-Sportarten wie Schwimmen oder Basketball, falsches Krafttraining, eine schwache Rotatorenmanschette sowie muskuläre Dysbalancen.
Diagnose und Therapie
Bei langanhaltenden Schulterbeschwerden im Training hat der Gang zum Sportmediziner oberste Priorität. Dennoch geben einige Bewegungen bereits im Vorfeld Aufschluss darüber, ob ein Impingement-Syndrom vorliegen könnte. Ein eindeutiges Signal ist hierbei der sogenannte „schmerzhafte Bogen“. Dieser befindet bei Abduktion des Arms, also dem seitliches Anheben vom Körper weg, zwischen ca. 70 und 120°. Schmerzen in diesem Bereich sind daher oftmals ein erstes Zeichen für vorliegende Einklemmungsbeschwerden.
Erhält der Trainierende die Diagnose „Impingement-Syndrom“, gibt es für ihn verschiedene Behandlungsmöglichkeiten. In der Regel besteht die Therapie junger Patienten aus manueller Therapie und der Durchführung spezieller Übungen, mit dem Ziel, den subacromialen Raum wieder zu vergrößern und die umliegende Muskulatur, insbesondere die Rotatorenmanschette, zu stärken. Die Behandlung erfolgt demnach rein konservativ. Eine Operation sollte gerade in jungen Jahren nur einen absoluten Ausnahmefall darstellen.
Wie lange sich Trainierende mit Impingement-Beschwerden auseinandersetzen müssen, kann im Voraus nicht bestimmt werden. Da die vollständige Genesung an erster Stelle steht, sollte das eigene Training für einige Monate besonders sorgsam durchgeführt und durch einige sinnvolle Übungen ersetzt werden. Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit der genauen Auswahl und Umsetzung dieser Übungen.
Übungen für die Praxis
Treten Impingement-Beschwerden auf, müssen zunächst einige Übungen und Trainingsmethoden aus dem eigenen Plan verbannt werden. Hierzu zählen in erster Linie Überkopf-Übungen wie das Schulterdrücken mit Kurz- oder Langhantel sowie Lat-Zug oder Klimmzugbewegungen, da diese besonderen Druck auf die entzündeten Bereiche ausüben können.
Geeignet sind hingegen Übungen zur Stärkung der Rotatorenmanschette sowie zur allgemeinen Depression des Schultergelenks, also nach unten ziehende Bewegungen. Einige davon werden im Folgenden vorgestellt:
Limitierte Schulteradduktion am Seilzug
Ziel: Vergrößerung des subacromialen Raums durch Depression des Schultergelenks
Übungsanleitung: Positioniere dich seitlich des Seilzuggerätes. Stelle dir deine Höhe nur so hoch ein, dass du beim seitlichen Ausstrecken des Arms keine Schmerzen verspürst. Führe anschließend den Arm aus der oberen Ausgangsposition nach unten, bis sich die Griffhand auf Hüfthöhe befindet. Führe die Übung auf jeder Seite für je 3 x 12-15 WDH aus. Halte das Gewicht dabei moderat.
Hinweise: Der Kabelzugturm muss so eingestellt sein, dass der Trainierende die Übung ausführen kann, ohne sich währenddessen im Bereich des schmerzhaften Bogens zu befinden.
Innen – und Außenrotation am Seilzug
Ziel: Stabilisation und Kräftigung der Rotatorenmanschette (Innenrotation => Subscapularis, Außenrotation => Infraspinatus)
Übungsanleitung: Positioniere dich erneut seitlich des Seilzuggerätes. Stelle dir die Griffhöhe diesmal jedoch auf Hüfthöhe ein. Führe anschließend sowohl einen Innen- als auch einen Außenrotationssatz aus, entweder nacheinander oder als Supersatz. Erneut empfehlen sich pro Seite und Übung je 3 x 12-15 WDH bei moderatem Gewicht.
Hinweise: Wie auch bei der Schulteradduktions-Übung muss darauf geachtet werden, während der Ausführung weitestgehend schmerzfrei zu bleiben und die Bewegungsamplitude dementsprechend anzupassen.
Empty-Can-Exercise
Ziel: Kräftigung der Rotatorenmanschette, speziell des Supraspinatus)
Übungsanleitung: Hinter dieser scheinbar unbekannten Übung verbirgt sich eine Variante des Seithebens. Drehe dein Handgelenk so weit, dass die Daumen nach unten zeigen. Wähle dir anschließend ein etwas leichteres Gewicht, als du es beim Seitheben tun würdest und führe die Übung mit 3 x 12-15 WDH aus.
Hinweise: Während der Übungsausführung sollte weiterhin Schmerzfreiheit bestehen.
Einen weiteren wichtigen Faktor stellt zudem das Dehnen der umliegenden Muskulatur dar. Besonders geeignet sind hierbei die Übungen „Brustdehnung am Türrahmen“ sowie der „Unilateral-Self-Stretch“, auch als „Delta-Nacken-Dehnung“ bekannt. Beide Übungen sollten bei auftretenden Impingement-Beschwerden täglich und in statischer Form (1-2 Minuten pro Seite) durchgeführt werden.
Fazit
Wer die Diagnose „Impingement-Syndrom“ erhält, muss einige wichtige Aspekte berücksichtigen, um nach ausreichend Zeit wieder beschwerdefrei und leistungsfähig ins eigene Training einsteigen zu können. Nach klarer medizinischer Absprache gilt es, den subacromialen Raum in der Schulter wieder zu vergrößern und die umliegende Muskulatur so weit zu stärken, dass die Beschwerden zurückgehen und nach Möglichkeit auch nicht mehr auftreten.
Trainierende sollten Impingement-Beschwerden immer auch als Rückmeldung ihres Körpers wahrnehmen. Ihnen wird zu verstehen gegeben, dass entweder zu intensiv oder zu einseitig trainiert wurde. Ein ganzheitliches Training mit bewusstem Fokus auf gern vernachlässigte Bereiche wie die der Rotatorenmanschette sowie der tägliche Einbezug von Mobilisationsaufgaben in den Alltag bieten die gute Chancen, langfristig schmerzfrei und gesund zu bleiben.
Tritt dennoch einmal eine Verletzung wie das Impingement-Syndrom auf, sind vor allem Geduld und aktive Rehabilitation gefragt, um keine chronischen Schäden davon zu tragen. In diesem Sinne: Bleibt gesund!