Protein Timing | Welches Protein vor dem zu Bett gehen?
Protein Timing | Welches Protein vor dem zu Bett gehen?
Jede Stunde? Alle paar Stunden? Wann immer du kannst?
In einem vorherigen Artikel haben wir über die Effektivität von Protein Shakes gesprochen, sofern diese um das Training herum konsumiert werden. Wir haben ebenfalls besprochen, was hinsichtlich der Muskelproteinbilanz im Körper passiert und wie du den Aufbau magerer Muskelmasse maximieren kannst, Kraft aufbaust und das Meiste aus deiner Erholung rausholst; die Muskelproteinsynthese sollte auf einem hohen Niveau verbleiben, während der Proteinabbau weitestgehend minimiert werden sollte.
Unmittelbar nach dem Training überschreitet der Proteinabbau die Proteinsyntheserate. Sofern der Regenerationsprozess weiterläuft und ein entsprechender Post-Workout Shake zugeführt wird, steigt die Proteinsynthese an und überflügelt den Proteinabbau für einen kurzen Zeitraum.
Proteinabbau findet fortwährend statt – insbesondere während Fastenperioden oder in Zeiten von physiologischen Stress; zu diesen Zeitpunkten ist der Proteinabbau am höchsten.
Muskelregeneration in der Nacht
Wenn du dich Nachts in deine Decke kuschelst, um ins Land der Träume einzuziehen, bekommst du hoffentlich 7-8 Stunden gesegneten Schlaf unter einen Hut. Ein großes Problem während dieser Zeit ist die Tatsache, dass du keine Nährstoffe zuführst bzw. zuführen kannst, die vom Körper dennoch benötigt werden. Es läuft also auf eine 7-8 stündige Fastenperiode hinaus. In Sachen Verdauung und Nährstoffausnutzung sprechen wir hier auch von einer post absorptiven Phase.
Rund 2 Stunde nach einer Mahlzeit tritt der Körper in eine sogenannte postprandiale Phase ein. Während dieser Zeit arbeitet dein Körper wie eine Maschine, die neue Proteine synthetisiert und Glykogenspeicher der Muskeln und Leber neu befüllt. Sobald diese Nährstoffe abgeliefert und eingelagert wurden, beginnt die post absorptive Phase. Während dieser Periode nutzt dein Körper die Nährstoffe, die er eingelagert hat, um seinen Energiebedarf zu decken – um also z.B. den Blutzuckerspiegel stabil zu halten und Gewebe zu versorgen muss er auf gespeicherte Nährstoffe und Aminosäuren zurückgreifen, die in den Blutkreislauf abgegeben werden, damit man sie zum Zielort transportieren kann.
Und wenn Aminosäuren die Muskulatur verlassen, findet ein Abbau von Gewebe statt, um mit dem Bedarf schrittzuhalten. Während Hunger- und Fastenperioden (oder während des Schlafs) findet ein Abbau von Muskulatur statt. Dein Nachtschlaf wird vermutlich die längste post absorptive Phase des Tages sein, sofern du kein Intermittent Fasting betreibst. Diese Phase ist also katabol.
Die Wissenschaft hat bestätigt und gezeigt, dass die Muskelabbaurate nach einer Fastenperiode die Proteinsynthese übersteigt. Ebenfalls interessant ist, dass in deinen Organe, wie z.B. der Magen, die Leber und Gedärmen ein gegenteiliger Effekt stattfindet – die Syntheserate übersteigt dort häufig die Abbaurate. Es wird vermutet, dass während der Nacht Muskelgewebe abgebaut wird, um die Organe mit Bau- und Nährstoffen zu versorgen (5).
Jetzt könntest du auch einfach soweit gehen und deinen Wecker auf bestimmte Zeitintervalle einstellen, um eben schnell eine ausreichende Menge an Protein zu tanken. Und ja, ich habe schon von Leuten gehört, die in der Mitte der Nacht aufwachen und sich ein paar BCAAs genehmigen, um die Fastenphase zu überbrücken. Wir wissen jedoch vermutlich alle wie überaus wichtig der Schlaf ist und das eine Unterbrechung des Schlafzyklus negative Auswirkungen auf unsere Erholung haben könnte. Was wäre also die nächste praktische Lösung für dieses Dilemma?
Die Lösung heißt Protein
Verzehr ein langsam-verdauliches Protein, wie z.B. Casein als „Gute-Nacht“ Versorgung oder als später Abendsnack. Casein ist die Hauptproteinart, die sich u.a. in der Kuhmilch findet – Milch besteht zu rund 80% aus Casein und zu 20% aus Whey (siehe auch diesen Artikel, wo es ausführlich erläutert wird).
In einer Anzahl von Studien, erhöhte Casein die Proteinsynthese nicht auf ähnliche Art und Weise wie Whey (post-workout) (1)(2)(3). Casein ist jedoch effektiv, wenn es um die Minimierung des Proteinabbaus geht und wirkt hier besser als Whey. Es konnte ebenfalls gezeigt werden, dass Casein das Hungergefühl stärker dämpft und damit idealer zur Überbrückung von Phasen der Nahrungskarenz ist.
Ein weitere Unterschied zwischen Whey und Casein besteht darin, dass Whey einen schnellen und starken Anstieg der Blutaminosäurekonzentration herbeiführt. Das sind großartige Neuigkeiten (meistens jedenfalls) und genau das, was du dir nach dem Training wünscht. Die Aminosäurekonzentration im Blut fällt jedoch schnell wieder ab, nachdem sie ihren Zenit erreicht hat. Nach zirka 1 Stunde sind die Aminosäurespiegel um bis zu 300% erhöht. Nach 2 Stunden nur noch um 92% und nach 4 Stunden ist alles wieder beim Alten.
Auf der anderen Seite führt Casein zu einem moderaten, jedoch langanhaltenden Anstieg der Aminosäurekonzentration, die über 4-5 Stunden andauern, bevor sie auf das Basisniveau wieder zurückkehren. Nach 2 Stunden sind die Aminosäurekonzentration um zirka 35% erhöht. Nach 4 Stunden sind sie immer noch auf gleichem Niveau erhöht (1)(2). Einige Studien zeigen zudem, dass Milchprotein (80% Casein, 20% Whey) zu erhöhten Aminosäurespiegeln für bis zu 8 Stunden sorgen (2), vermutlich wegen der Unterschiede in der Wirkung von Whey und Casein, was zu einem synergistischen Effekt führt. Whey Protein scheint die Schlafqualität und Aufmersamkeit am nächsten Tag zu verbessern (4).
Obwohl Casein also einzigartige, anti-katabolische Effekt aufweist, kann es sinnvoll sein am Abend ein wenig Whey zum Casein zu mischen. Vermutlich ist eine solche Mischung sogar optimaler, als eine alleinige Gabe von Casein. Ein Shake, bestehend aus 30-50g Protein sollte ausreichend für die Phase vor dem zu Bett gehen sein, um Muskelabbau zu minimieren und den Aufbau von Magermasse zu optimieren, sowie die Über-Nacht-Erholung zu verbessern.
Take Home Message
- Für die meisten von uns ist die Nacht der längste, post absorptive Zeitraum.
- Die Muskelproteinsynthese fällt über Nacht, während die Muskelabbaurate steigt, was zu einem katabolen Zustand führt.
- Casein Protein sorgt für eine langanhaltende Aminosäureversorgung über Nacht.
- Die Ergänzung mit einer kleinen Gabe Whey zu Casein bzw. die Verwendung eines Milchproteins kann die Muskulatur über Nacht mit wertvollen Bausteinen versorgen, den Proteinabbau minimieren, die Proteinsynthese erhöhen und vermutlich bei der Regeneration und Schlafqualität behilflich sein.
- 30 bis 50g Protein vor dem zu Bett gehen oder als später Snack am Abend, abhängig von der persönlichen Präferenz, werden als optimale Strategie angesehen.