Bauchmuskeln| Medizinball-Training im Bodybuilding & Kraftsport – Teil 1
Mit Crosstraining habe ich einen eher untypischeren Trainingsansatz ins Rennen gebracht. Ich bin von diesem Ansatz und der Philosophie die dahinter steht nach wie vor überzeugt. Dennoch akzeptiere ich die Schwächen. Viele Crosstraining-typische und allgemein zugängliche Trainingspläne und –konzepte vernachlässigen das Training der seitlichen bzw. eher der rotierenden Rumpfmuskulatur. Das ist eine Parallelität die ich persönlich auch im Bereich Bodybuilding und Kraftsport sehe. Dort gehe ich sogar noch einen Schritt weiter und stelle die Behauptung auf, dass dem Rumpftraining viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Es wird eher stiefmütterlich behandelt. Dabei ist eine stabile und gut ausgeprägte Rumpfmuskulatur Voraussetzung für den nachhaltigen Erfolg!
Die Kraft und Leistungsfähigkeit einer jeden Übung, vor allem die der Grundübungen bauen auf einer leistungsfähigen Rumpfmuskulatur auf. Das erklärt sich recht einfach: Der Rumpf übernimmt zwar überwiegend eine passive, aber wichtige Arbeit, nämlich die der Stabilisierung.
Beispielsweise beim Schulterdrücken: Es ist absolut uncool das Gewicht über den Kopf aus einem Hohlkreuz zu drücken. Viele machen es dennoch, gerade wenn sie an ihre Maximalkraftleistung kommen. Das kann unterschiedliche Gründe haben:
- Dir als Athlet fällt es schwer sich auf beide Muskelgruppen zu konzentrieren. Zum einen das Abrufen der Maximalkraft für die „Hauptbewegung“ und zum anderen das Halten der Körperspannung, vor allem in der Rumpfmuskulatur. Insgesamt kann das unter einer mangelhaften intermuskulären Ansteuerung zusammengefasst werden. (Intermuskulär ist die geordnete Ansteuerung mehrerer Muskel(gruppen) vs.– intramuskulär ist das Ansteuern der Muskelfasern eines Muskels)
- Die Rumpfmuskulatur ist nicht leistungsfähig genug, die notwendige stabilisierend Arbeit zu übernehmen oder ein Teil der Rumpfmuskulatur kann dies nicht – eine Dysbalance liegt vor (aus meiner Erfahrung heraus ist meist die Bauchmuskulatur ‚zu schwach‘).
Und damit komme ich auf die Bauchmuskulatur zu sprechen. Betrachten wir zunächst einmal die Ausprägung der Bauchmuskulatur, die Funktionalität und welche Arbeit diese primär verrichtet.
Die Aufgabe der Bauchmuskulatur
Bei fast allen Übungen benötigen wir diese zur Unterstützung – vor allem als Stabilisator. Ich sage bewusst fast, denn ein großes Problem, dass ich bei isolierten und geführten Übungen sehe: Ein Teil der Arbeit der Bauchmuskulatur wird durch Geräte oder vergleichbares übernommen. Dies führt zu einem der zuvor aufgeführten Probleme – oder zumindest wird ein solches unterstützt.
Als Stabilisator ist die Muskulatur nicht daran beteiligt, das Gewicht zu bewegen bzw. die Bewegung einzuleiten. Wie bereits erwähnt arbeitet Sie vor allem passiv und statisch. Daraus leitet sich ab, dass das Training mit statischen Übungen notwendig ist. Das ist wichtig, denn mir fällt auf, dass bei vielen der Fokus nach wie vor auf dynamischen Übungen liegt und statisches fast gar nicht trainiert wird.
Die Fähigkeit bei stabilisierender Arbeit Körperspannung aufzubauen und zu halten ist dabei das A und O. Dies sind gleich zwei Fähigkeiten die beherrscht werden müssen. Erstens der Aufbau und zweitens das Halten der Spannung.
Aufbau der Spannung
Ersteres ist nicht selbstverständlich. Auch ich habe – gerade in meinen letzten 2 Jahren in denen ich vermehrt auch im turnerischen Bereich gearbeitet und trainiert habe – bei mir selbst festgestellt, dass der Aufbau meiner Körperspannung nicht immer ausreichend und richtig gewesen ist. Da fängt es bereits mit der Aktivierung der Rumpfmuskulatur an.
Die große Frage ist nun: Wie kann ich den Aufbau der korrekten Körperspannung erlernen? Die Antwort? Praxis!
Dabei gibt es ist kein Geheimnis. Du als Athlet musst nur immer wieder Übungen durchführen, in denen du dich in erster Linie auf die Spannung im Bauch konzentrieren musst (Bauchübungen). Zwei Übungen bieten sich dazu an: Der Plank (oder auch Unterarmstütz, in leichterer Variante der Stütz) und der Hollow Hold (oder auch Schiffchen) - und natürlich alle Formen der Skalierung (der Erleichterung). Der nächste Schritt ist ein sauberes Techniktraining. Nutze das Training mit leichtem Gewicht, konzentriere dich auf eine saubere Ausführung und v. a. konzentriere dich auf deine Rumpfmuskulatur. So bekommst du ein Gefühl für den Aufbau der Körperspannung.
Halten der Spannung
Das Halten der Körperspannung ist eine etwas andere Geschichte. Dabei handelt es sich vor allem um die ausdauernde Leistungsfähigkeit der Muskulatur. Wenn ich laufen können will, muss ich laufen gehen. Wenn ich schwer heben können will, muss ich auch schwer heben. Wenn ich sprinten können will muss ich auch sprinten. Ich mach es kurz: Wenn der Bauchmuskel lange stabilisieren (statisch arbeiten) soll, muss ich ihn auch statisch trainieren!
Jetzt kann man nun her gehen und argumentieren, dass die Belastung der Stabilisierung je Satz ja nicht „lange“ ist. Isoliert betrachtet ist das richtig. Aber dem gegenüber ist zu betrachten, wie oft im Training der Körper stabilisierende Arbeit übernehmen muss. Während die Beine nach meinetwegen 12 Sätzen „Pause“ bekommen muss der Bauch beim Schultertraining wieder als Stabilisator mit ran.
Ein Exkurs – Der Bauchmuskel dynamisch eingesetzt
In anderen Sportarten wird der Bauchmuskel aktiv benötigt um die notwendige Kraft zu entwickeln bzw. weiter zu geben (Speerwerfen, Handball, Kugelstoßen etc. als nur wenige Beispiele genannt). Wer einen Handballspieler einmal beim Wurf beobachtet hat, dem muss unweigerlich aufgefallen sein, dass vor der Einleitung der Bewegung des Wurfarmes eine leichte Rotation und durchaus auch eine leichte Kontraktion im Bereich des Rumpfes stattfindet. In diesem Zusammenhang ist eine dynamisch-leistungsfähige Rumpfmuskulatur unabdingbar für die Kraftentwicklung und Beschleunigung des Balls. Ich gehe in diesem Fall nicht weiter auf eine Differenzierung der Rekrutierung der Muskelfasern (welche Art der Kraft benötigt wird und so weiter) ein.
Insgesamt lässt sich daraus ableiten: Wer im Rumpf/Bauch ein Defizit besitzt, wird vom Leistungsniveau her nur bedingt sein volles Potenzial abrufen können. Das wirkt sich in jeder Sportart negativ auf den Leistungsfortschritt aus. Allerdings muss in dynamische und statische Leistungsfähigkeit unterschieden werden. Außerdem ist das Techniktraining für das Erlernen des Aufbaus der Körperspannung essenziell.
Das in anderen Sportarten so genannte „Stabi“-Training wird zwar berücksichtigt, aber nicht ausreichend!
Das Bauchtraining wird von vielen (Hobby-)Bodybuildern und Fitnesssportlern berücksichtigt und im eigenen Training mit eingebaut. Es beschränkt sich dabei aber zumeist auf eine Trainingseinheit in einem Zyklus sowie auf dynamische Übungen. Bei vorhergehender Betrachtung ist deutlich geworden, dass der Bauch überwiegend eine stabilisierende Arbeit übernehmen muss. Gerade dann, wenn mit Zusatzgewichten gearbeitet wird.
Eine weitere Herausforderung ergibt sich daraus, dass viele der dynamischen Übungen nur sekundär den Bauch und primär den Hüftbeuger trainieren. Während du als Sportler also davon überzeugt bist du trainierst den Bauch ist es eher wahrscheinlich, dass du zwar anteilig den Bauch aber primär den Hüftbeuger ansprichst. Dies ist gerade in unserer Gesellschaft problematisch, weil der Hüftbeuger durch die übermäßig sitzende Position dazu neigt zu verkürzen und sich nur sehr wenige diesem Muskel wirklich annehmen. In den meisten Fällen, weil sich kaum einer dieser Problematik bewusst ist.
Ein Selbstversuch: Leg dich flach auf den Rücken. Jetzt stellst du die Beine so auf, dass im Kniegelenk etwa ein 90° Winkel entsteht. Als nächstes hebst du die Fußspitzen ein wenig vom Boden ab und presst die Verse des Fußes mit aller Kraft in den Boden. Jetzt versuchst du deinen Oberkörper aufzurichten. Dies ist der Bewegungsumfang, den der Bauch allein ohne zusätzliche Aktivierung des Hüftbeugers absolvieren kann. Alles darüber hinaus trainiert in erster Linie den Hüftbeuger was im Bauchtraining vermieden werden sollte. Noch besser ist es, wenn du diesen Versuch zu zweit machst. Dabei hebt der Partner die Füße am Fußgelenk ganz leicht vom Boden ab und der auf dem Boden liegende versucht die Füße wieder auf den Boden zu bringen.
Was ist passiert? Durch das Pressen der Füße auf den Boden wurde u. a. der Hüftstrecker aktiviert. Diese Aktivierung sorgt dafür, dass der Hüftbeuger nicht mehr bzw. nur bedingt aktiviert werden kann was zur Folge hat, dass der Bauchmuskel allein arbeiten muss.
Daraus halten wir fest: Ein zusätzliches Training des Hüftbeugers im Bauchtraining ist zu vermeiden, deswegen kann es nicht das Ziel sein, den Oberkörper bis zu den Knien zu bringen!
Ist zusätzliches Bauchtraining notwendig?
Wenn es dir ähnlich geht wie mir, dann macht dir Bauchtraining eigentlich überhaupt kein Spaß. Es ist eintönig, langweilig und irgendwie fetzt es nicht. Tatsächlich kann das Training rund um die Rumpfmuskulatur aber auch richtig Spaß machen. Das Stichwort dazu lautet: Medizinball-Training!
Bei manch einem mögen alte Erinnerung aus dem Schulsport geweckt werden. Andere können das Medizinball-Training mit Turnunterricht in Verbindung bringen. Das Medizinball-Training an sich ist schon sehr alt, also hat das selbst nichts mit einem revolutionären Gehalt zu tun. Und doch behaupte ich, dass das moderne Medizinball-Training einen revolutionären Gehalt hat. Ich will dir auch erklären warum:
In erster Linie hängt es mit dem Material zusammen. Während man heute noch immer in Turnhallen die alten harten und schweren, mit Leder verarbeiteten Medizinbälle antrifft, ist der moderne Medizinball tendenziell leichter und von der Struktur her ‚nachgiebig‘. Das ermöglicht ein ganz anderes Training.
Durch die nachgiebige Struktur ist das Verletzungspotential, wird der Ball einmal nicht richtig gefangen, deutlich verringert. Dadurch kann der Athlet mit seinem Trainer die volle Kraftleistung entwickeln, ohne Bedenken haben zu müssen. Auch das gute Stück von uns Männern verkraftet das – definitiv! Gleichzeitig hat der moderne Medizinball einen Durchmesser, welcher der breite der Schulterstellung entspricht und ist damit ebenfalls verletzungsvorbeugend.
Aufgrund dieser Eigenschaften ergibt sich das „fetzige“ Training. Du als Athlet hast etwas in der Hand womit du spielen kannst ohne Gefahr zu laufen irgendwas kaputt zu machen oder irgendwen zu verletzen.
Kombiniert mit einem Trainingskonzept und den richtigen Übungen kann innerhalb kurzer Zeit (5 bis 10 Minuten) ein explosives, dynamisches, statisches und ausdauerndes Trainingsprogramm absolviert werden. Die Übungsvielfalt kennt dabei keine Grenzen.
Und wie du das Medzinball-Training sinnvoll und effektiv in deine Trainingsroutine reinbringst und welche Übungen sich dazu am besten eignen? Nun, das klären wir im zweiten Teil!