Verhütung & Fitness | Hemmt die Antibabypille den Muskelaufbau
Verhütung & Fitness | Hemmt die Antibabypille den Muskelaufbau
Seitdem ich im Bereich der Fitnessbranche tätig bin, habe ich mir immer wieder einen ganz bestimmten Mythos zu Ohren kommen lassen. Es ist ein Thema was viele junge Frauen beschäftigt, gerade deshalb, weil auch oft Unwissen über die biologisch- körperlichen Vorgänge beim Kraftsport herrscht.
Du kennst es vielleicht selbst: Es kann sehr schwierig sein seine Beziehung mit den Zielen im Kraftsport zu vereinbaren. Im Fitnessbereich ist dir vielleicht dieser Spruch schon zu Ohren gekommen: „Was? Du nimmst die Pille? Na dann brauchst du gar keinen Kraftsport machen, aufbauen wirst du sowieso nichts.“
Aber was ist dran an dem Mythos? Gibt es die Zwickmühle zwischen der eigenen Beziehung und der Liebe zum Sport wirklich? Stoppt die Pille wirklich jeglichen Muskelaufbau oder ist das alles nur ein Bluff?
- Wie die Pille im Körper wirkt
- Wie Kraftsport auf den Körper wirkt
- Zusammenhang zwischen Pille & Muskelwachstum
- Fazit
Verhütung & Fitness | Wie die Pille im Körper wirkt
Um eine klare Antwort auf die Frage geben zu können, sollten wir uns zunächst einmal anschauen wie sich die Pille im weiblichen Organismus auswirkt.
Die meisten Pillen sind Kombinationspräparate, das heißt die setzten sich aus zwei verschiedenen Wirkstoffen (meist Östrogen und Gestagen) zusammen. Nimmst du die Pille, so werden die Wirkstoffe durch die Darmwand aufgenommen und im Körper verbreitet. Sie besitzen nun mehrere Schlüsselfunktionen: Sie wirken Ovulationshemmend und verändern den Zervixschleim.
Zum allgemeinen Verständnis habe ich dir an dieser Stelle einen kurzen Überblick über die hormonelle Wirkungsweise der Pille erstellt.
Wichtig für den weiblichen Zyklus sind drei Hormone: Das GnRH, das LH und das FSH. Das GnRh (Gonadotropin-freigebende Hormon) wird durch ein Signal des Hypothalamus ausgeschüttet und gelangt an die Hirnanhangdrüse. Dieser wird damit signalisiert, dass sie das LH (Gelbkörper-bildende Hormon) ausschütten soll. Das LH sorgt anschließend für die Freisetzung der Hormone Östrogen und Progestin, außerdem fördert es den Eisprung (Ovulation). Unter diesen Bedingungen funktioniert also ein ganz normaler weiblicher Zyklus.
Nimmst du nun die Pille, so wird die Ausschüttung des GnRh´s gehemmt. Dies liegt daran, dass eine Kombinationspille die Hormone enthält, die normalerweise nur durch die aktive Ausschüttung des GnRh in deinen Körper freigesetzt werden.
Wird der Östrogenspiegel in deinem Körper konstant auf einem hohen Level gehalten (durch die Einnahme der Pille), so reagiert der Hypothalamus mit der Information, dass keine weitere Östrogenproduktion nötig sei. Er stellt die Produktion des GnRhs ein. Folglich wird auch kein LH von der Hirnanhangdrüse ausgeschüttet. Somit kann kein Eisprung stattfinden.
Wie Kraftsport auf den Körper wirkt
Ein kurzer Crashkurs über die zellulären Vorgänge beim Kraftsport macht es dir später leichter, den Einfluss der Pille auf diese Vorgänge zu verstehen: Beim Muskelaufbau spielt überwiegend das Hormon Testosteron eine Rolle. Frauen besitzen für gewöhnlich einen sehr viel geringeren Anteil an Testosteron in ihrem Hormonhaushalt als Männer. Dies ist übrigens unter anderem auch der Grund dafür, dass Männer deutlich schneller Muskeln aufbauen können.
Beim Krafttraining, egal ob nun beim Mann oder bei der Frau, schüttet der Körper gezielt Testosteron aus (natürliche anabole Hormone). Man spricht von einer endogenen Hormonausschüttung. Das heißt, dass die Hormonausschüttung von innen heraus stattfindet (Gegenbeispiel: Anabolika). Dies geht mit einer höheren Proteinbiosynthese einher. Das wird dir logisch erscheinen, sofern wir uns klarmachen was eigentlich beim Krafttraining mit unseren Muskeln passiert:
Du erzeugst durch das Training mit schweren Gewichten Mikroverletzungen in den beanspruchten Muskeln. Dies führt zu einer höheren Durchblutung, da das Blut viele Hormone und Nährstoffe enthält mit dessen Hilfe der Muskel regenerieren kann. Wird deinem Gehirn nun durch die Nervenbahnen signalisiert, dass ein Muskel verletzt ist, führt dies zu einer Ausschüttung von Testosteron und andere Wachstumshormonen (z.B. HGH). Dein Körper versucht sich damit der Situation anzupassen. Denn durch das Training bringst du ihn aus dem Gleichgewicht:
In deinem Körper herrscht ein leicht basisches Milieu. Beim Krafttraining findet eine aktive Bildung von Laktat (Milchsäure) in dem betroffenen Muskel statt. Laktat ist allerdings genauso schädlich wie Alkohol für deinen Körper (achte deshalb darauf nie zu viel zu trainieren, sonst greift das Laktat deine Muskeln an. Das würde sie zerstören und ein Wachstum würde ausbleiben).
Damit dein Körper also in Zukunft bei höherer Belastung in seinem gewohnten Milieu bleiben und eine Stresssituation vermeiden kann, setzt er die oben genannten Hormonprozesse in Gang. Der Muskel bildet daraufhin neue Zellen, gleichzeitig neue ATP- Speicher (Energiequelle des Körpers). Er passt sich der Belastung an.
Zusammenhang zwischen Pille & Muskelwachstum
Da du jetzt die Wirkungsweise der Pille kennst, können wir uns einmal anschauen ob sich der Mythos der hemmenden Funktion beim Muskelaufbau bewahrheitet. Es ist allgemein bekannt, dass es Hormone gibt, die eher für den weiblichen oder den männlichen Körper bestimmt sind. Da Testosteron eindeutig ein Hormon ist, welches den männlichen Körper dominiert, ist es sozusagen „Mangelware“ in dem weiblichen Hormonhaushalt.
Nimmst du nun noch zusätzlich die Anti-Baby-Pille, so wird der vorhandene niedrige Testosteronspiegel bzw. die Konzentration der anabolen Hormone nochmals sinken. Dein Körper möchte sich auf die Schwangerschaft konzentrieren und sorgt deshalb überwiegend für die Produktion und Instandhaltung der, für diese besondere Situation, wichtigen weiblichen Hormone. Dies beweist eine Studie [1] der Texas A&M University [2] und der University of Pittsburgh [3]: Getestet wurden insgesamt 73 Frauen im Alter von 18 bis 34 Jahren, wovon die Hälfte die Pille nahm. Diese Frauen wurden in einem Zeitraum von 10 Wochen unter denselben Bedingungen beobachtet. Das heißt, dass sich weder ihre Trainingszeiten, noch die Trainingsintensität, noch ihre Ernährung unterschieden. Somit galten dieselben Voraussetzungen für jede Teilnehmerin. Die Chance Muskeln aufzubauen war bei allen 73 Frauen gleich.
Das Ergebnis der Studie zeigt, dass diejenigen Frauen, die die Pille nahmen bis zu 60% weniger Muskeln aufbauten, als diejenigen die ohne hormonelle Verhütungsmittel Kraftsport betrieben hatten.
Dies erklärten die Forscher mit dem vorhin angeführten niedrigeren Spiegel an anabolen Hormonen. Er ist entscheidend für die Wachstumsgeschwindigkeit der Muskeln. Zudem wurde bei den Frauen mit Pille eine höhere Cortisol Konzentration im Blut nachgewiesen. Cortisol ist ein Hormon welches in Stresssituationen von den Nebennieren produziert und ausgeschüttet wird. Es wirkt sich unter Anderem negativ auf die Muskelregeneration aus.
Verhütung & Fitness | Fazit
Nimmst du die Pille, so wird das Krafttraining nicht automatisch nutzlos sein. Auch wenn die Studie eindeutig belegt, dass die Pille das Muskelwachstum durch die hormonelle Beeinflussung des Körpers stark verringert heißt das nicht, dass gar keine Muskelmasse aufgebaut wird. Der Unterschied besteht lediglich im Zeitaufwand, den du betreiben musst, um dieselbe Muskelmasse aufzubauen wie eine Frau die ohne die Pille trainiert.
Außerdem sei an dieser Stelle angemerkt, dass Studien über die genauen anatomisch-medizinischen Gründe des Studienergebnisses noch fehlen. Derzeit laufen aber weitere US-Studien, welche die Thematik tiefergehend aufzuklären versuchen.
Wenn dich dieses Thema interessiert, dann kann ich dir empfehlen ruhig am Ball zu bleiben und gelegentlich die News zu checken. Lass dich nicht entmutigen und zieh weiter dein Ding durch. Ganz nach dem Motto: Fuel your Ambition!